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„Grünes Wachstum“ – Ein Märchen?
4. Februar 2020 @ 19:00 - 21:30
Free„Das Märchen vom grünen Wachstum“
Buchvorstellung mit dem Autor Bruno Kern bei Attac und den NaturFreunden
An diesem Abend präsentiert der Philosoph, Autor und Ökosozialist Bruno Kern in Rosenheim sein neues Buch, in dem er mit dem „Märchen vom grünen Wachstum“ aufräumt. Auf Initiative von Attac Rosenheim und den Naturfreunden Rosenheim stellt er im linken Zentrum „Z“ die Frage, die für ihn eigentlich wichtig ist: „Wie schaffen wir eine solidarische Gesellschaft auf einer wesentlich schmaleren materiellen Ressourcenbasis?“
Weil Bruno Kern dabei auch mit Umweltverbänden, Ökoinstituten, Bürgerbewegungen, grünen und anderen Parteien hart ins Gericht geht, entstehen bei seinen Vorträgen schnell lebhafte Diskussionen. Seiner Meinung nach setzen zu viele dieser Gruppen auf ein routiniertes „Weiter so“, wenn sie nach Lösungen für die aktuellen Krisen suchen.
Denn die weit verbreitete ökoliberale Ideologie vom „grünen Wachstum“, die behauptet, dass sich das kapitalistische Wirtschaftswachstum vom Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppeln ließe, ist für Kern nur ein Märchen. Es soll von dem eigentlichen Gebot der Stunde ablenken, das lautet: Industrielle Abrüstung und weniger Verbrauch sind nötig, statt weiter nach Profit um jeden Preis zu streben. Dabei stellt er nicht nur den Kapitalismus mit seinen eingeschriebenen Verwertungszwängen infrage, sondern die Industriegesellschaft selbst.
Bruno Kern, Dr. theol., geb. 1958 in Wien, studierte Theologie und Philosophie und ist examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger. Er arbeitet zurzeit als selbstständiger Lektor, Übersetzer und Autor in Mainz. Bruno Kern ist Gründungsmitglied des Netzwerks Ökosozialismus.
Die Buchpräsentation findet statt im „Z“, dem „Linken Zentrum in Selbstverwaltung“, Innstr. 45a, Rosenheim. Beginn: 19 Uhr. Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.
Unten weitere Infos und Texte zu Bruno Kern, dem Buch und einige Debattenbeiträge zur Sozial-ökologischen Transformation, bzw. dem Thema „Green New Deal“.
Infos zu Bruno Kern:
https://rotpunktverlag.ch/autoren/bruno-kern :
Bruno Kern, geboren 1958 in Wien, studierte Theologie und Philosophie in Wien, Fribourg, München und Bonn. Er promovierte mit einer Studie über die Marxismusrezeption in der Theologie der Befreiung. Zurzeit arbeitet er als selbstständiger Lektor, Übersetzer und Autor in Mainz. Darüber hinaus ist er Gründungsmitglied der Initiative Ökosozialismus (2004) und des Netzwerks Ökosozialismus (2018) (www.oekosozialismus.net).
Zum Buch „Das Märchen vom grünen Wachstum – Plädoyer für eine solidarische und nachhaltige Gesellschaft“: https://rotpunktverlag.ch/buecher/das-marchen-vom-grunen-wachstum mit der Möglichkeit „Blick ins Buch“. 240 Seiten; August 2019; EUR 13,00 broschiert.
Der Verlag schreibt:
»Klimaschutz ist eine Menschheitsaufgabe, und uns fällt nichts anderes ein als Marktlösungen.« Äußerst treffsicher hat der Ökonom Elmar Altvater unsere hilflose Reaktion auf die wohl größte Herausforderung unserer Zeit formuliert.
Denn nicht nur die etablierte Politik, auch ein Großteil der Ökoszene setzt auf ein routiniertes »Weiter so«. Mithilfe erneuerbarer Energien und stetiger Innovation soll unsere Wirtschaft immer weiter wachsen – ökologisch nachhaltig natürlich.
Bruno Kern entlarvt diese Illusion gründlich. Dabei stellt er nicht nur den Kapitalismus mit seinen eingeschriebenen Verwertungszwängen infrage, sondern die Industriegesellschaft selbst! Industrielle Abrüstung lautet das Gebot der Stunde; weniger Verbrauch statt Profit um jeden Preis.
Das weit verbreitete Märchen vom »grünen Wachstum«, das uns einreden will, es gäbe eine »Entkoppelung« von Wirtschafswachstum und Ressourcen- bzw. Energieverbrauch, dient letztlich nur dem Zweck, der eigentlichen politischen Herausforderung auszuweichen. Nämlich der Frage: Wie schaffen wir eine solidarische Gesellschaft, die bereit ist, mit wesentlich weniger materiellen Ressourcen auszukommen?
Diskussionsbeitrag Attac Rosenheim:
„Die technischen Lösungen sind ja alle vorhanden, setzt sie doch einfach
um!“ So hört man es von manchen Umweltverbänden, Ökoinstituten, auch
auf „Fridays for Future“ – Demos. Die Parteien, sogar die Bündnisgrünen, verbreiten, dass mit Effizienztechniken, raschem Ausbau erneuerbarer Energien, mit E-Autos statt Verbrennern etc. im Grunde alles so weitergehen kann wie bisher.
Diese ökoliberale Ideologie vom „grünen Wachstum“, die behauptet, dass sich das kapitalistische Wirtschaftswachstum vom Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppeln ließe, soll uns ablenken von der eigentlich wichtigen politischen Frage: Wie schaffen wir eine solidarische Gesellschaft auf einer wesentlich schmaleren materiellen Ressourcenbasis?
Da steht immer ganz groß das Wort „Verlust“ im Raum.
Aber: Was gewinnen wir dadurch? Stellen Sie sich die Innenstädte ohne
Autos vor: wieviel gute Luft, wieviel freien Platz würden wir gewinnen.
Eine deindustrialisierte Landwirtschaft mit frischen, regionalen
Produkten, die nicht um die halbe Welt bewegt werden, um in Plastik
verpackt in unseren Supermärkten zu liegen, voller Keime.
Das würde auch ein weiteres Problem lösen helfen: der Verkehr! Wir haben in der
Region das Thema „Brennerbasistunnel“: Dabei sollen die Bürger*innen mit dem Slogan „Sie wollen doch auch den Güterverkehr von der Straße auf die Bahn?!“ geködert
werden. Aber wir wollen deutlich weniger Güterverkehr, weniger Produkte,
die durch Europa reisen, weder per Bahn, noch per LKW oder gar Flugzeug. Wir werden
unseren Energieverbrauch verringern müssen, soll der Planet Erde auch für
künftige Generationen lebenswert bleiben.
Der Ökosozialist Bruno Kern zeigt in seinem Buch, dass ökologische Nachhaltigkeit den Kapitalismus und Industrialismus gleichermaßen infrage stellt. Zusammenhänge die auch z.B. bei den Aktionen von „Fridays für Future“ immer mehr hergestellt werden.
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Hier noch einige Debattenbeiträge zur Sozial-ökologischen Transformation, zusammengestellt von einem Mitglied von Attac München, sowie eine Werbung für eine Veranstaltung dort:
Der eindringlich warnende, aber letztlich optimistische Auftritt von Naomi Klein vom Dezember 2019 in Berlin ist sehenswert (Video A). Der anschließende Blätter-Beitrag von Naomi Klein basiert auf ihrem jüngsten Buch „Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann“, das soeben im Hoffmann und Campe Verlag erschienen ist. Sie stellt ihre Erzählung in neun Gründen zur Diskussion (TEXT B). Bruno Kern, der Autor des Buches „Märchen vom grünen Wachstum“, setzt sich in seinem Beitrag in der SoZ 1/2020, S.13, aus einer ökosozialistischen Sicht kritisch mit den Annahmen und Hoffnungen eines Green New Deal auseinander (TEXT C). Die Stärken und einige Schwächen dieses Buches von Bruno Kern werden ausführlich von Sergen Canoglu in der „Freiheitsliebe“ rezensiert (TEXT D). Schließlich folgt noch das Verzeichnis aller Artikel zum Schwerpunkt der Januar-Ausgabe der Sozialistischen Zeitung SoZ (TEXT E). – Unten, nach der Einladung zur Podiumsdiskussion:
Attac-Palaver: Attac diskutiert den Green New Deal
– Montag, 27. Januar 2020 um 19:30 Uhr im EineWeltHaus (Saal im 2. Stock), Schwanthalerstr. 80, München
– mit Öffentl. Verkehrsmitteln: U4/U5 Theresienwiese (Ausgang Paulskirche)
Bernie Sanders (USA), Jeremy Corbin (GB), die Grünen, Die Linke, Diem 25 und jetzt auch die EU legen ehrgeizige Pläne vor für eine CO2-neutrale Zukunft, für einen Green New Deal. Wie beherzt sind sie? Wie unterscheiden sie sich? Sind sie nur etwas grünere Konjunkturprogramme und im Prinzip doch nur ein Weiter-so mit Wirtschaftswachstum und Finanzkapitalismus? Wird auf diesem Weg gar die Atomkraft reanimiert? Oder können wir auf eine ökologische Umkehr hoffen? Wir diskutieren Hoffnungen und Befürchtungen.
Referenten: Attac-AktivistInnen: Henning Ludwig, Raul Claro, Helmut Selinger, Young Yin Choi und Renate Börger
Eintritt frei, Spende willkommen“.
https://www.einewelthaus.de/events/attac-palaver-attac-diskutiert-den-green-new-deal/
Video A:
Naomi Klein – Willy Brandt Lecture 2019
Willy Brandt Lecture 2019 von Naomi Klein (12. Dezember)
Forum Berlin Video
https://willy-brandt.de/aktuelles/audio-video/naomi-klein-willy-brandt-lecture-2019
(Auszug in deutscher Übersetzung: der Freitag Nr. 52/01 vom 27.Dezember 2019, S. 21ffJ
TEXT B:
Naomi Klein: Radikal machbar: Neun Gründe für einen Green New Deal
(Der Beitrag basiert auf
„[…] Aus den verschiedensten Winkeln der Vereinigten Staaten und der ganzen Welt ertönte die Aufforderung an die Regierungen, der Klimakrise mit einem radikalen Green New Deal zu begegnen. Der Gedanke ist ganz einfach: Im Prozess der Transformation unserer gesellschaftlichen Infrastruktur in dem Tempo und Ausmaß, wie es die Wissenschaft verlangt, hat die Menschheit die Jahrhundertchance, sich von einem Wirtschaftsmodell zu verabschieden, das die allermeisten Menschen in den verschiedensten Bereichen benachteiligt. Was unseren Planeten zerstört, zerstört auch die Lebensqualität der Menschen in vielerlei anderer Hinsicht – von der Stagnation des Lohn- niveaus über krasse Ungleichheit und den Zerfall der öffentlichen Versorgung.
Die Lösung dieser tieferliegenden Probleme bietet uns zugleich die Chance, mehrere miteinander verflochtene Krisen mit einem Schlag zu beenden. Mit der Bewältigung der Klimakrise können wir hunderte Millionen guter Arbeitsplätze auf der ganzen Welt schaffen, in systematisch abgehängte Gemeinden und Länder investieren, die Versorgung von Kranken und Kindern absichern und vieles mehr. Durch diesen Wandel würden Volkswirtschaften entstehen, die die lebenserhaltenden Systeme der Erde schützen und erneuern und zugleich die Menschen respektieren und stützen, die von ihnen abhängig sind. Im Hinblick auf die Dimensionen, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, bezieht das Konzept des Green New Deal seine Inspiration aus Franklin D. Roosevelts New Deal, der mit einem bunten Strauß politischer Maßnahmen und öffentlicher Investitionen auf das Elend und den Zusammenbruch während der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre reagierte. Damals wurden Gesetze zur Sozialversicherung und zum Mindestlohn, zur Zerschlagung von Banken, zur Elektrifizierung der ländlichen Gebiete und zum Sozialwohnungsbau in den Städten erlassen, mehr als zwei Milliarden Bäume gepflanzt und Bodenschutzprogramme in der von Staubstürmen verheerten Dust Bowl aufgelegt.[…]
Blätter 12/2019, S. 67-77(pdf)
TEXT C:
Bruno Kern: Weder neu noch grün. Die Ideologie des „Green New Deal“
in SoZ 1/Januar 2020, S.13
«Wer keinen Begriff von der kapitalistischen Gesellschaft hat und diese implizit als das höchste Stadium einer natürlich sich vollziehenden Menschheitsentwicklung versteht, die oder der hat der Krise wenig mehr als rein technische und marktförmige Lösungen entgegenzusetzen.»
Markus Wissen, der Berliner Sozialwissenschaftler, hat vor kurzem mit diesem prägnanten Satz den ideologischen Gehalt des sog. «Green New Deal» (GND) treffsicher entlarvt.
GND ist inzwischen zu einem tagespolitischen Modewort verkommen, dessen genauer Gehalt nicht immer klar auszumachen ist. Explizit oder unausgesprochen bildet er die Grundannahme eines breiten Spektrums politischer Akteure: vom Institut Solidarische Moderne bis zu den Grünen. Immerhin lassen sich aber folgende Grundüberzeugungen herausschälen, die mit diesem Schlagwort untrennbar verbunden sind:
- Das zur Aufrechterhaltung der ökonomischen Stabilität für notwendig befundene Wachstum lässt sich in genügendem Maße vom Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppeln.
- Allein sog. «marktkonforme» Instrumente kommen für den ökologischen Umbau in Frage.
- Die Wahl des Begriffs deutet darauf hin, dass der GND eine Renaissance alter keynesianischer Rezepte der Krisenbewältigung darstellt, die man nun schlicht mit dem Präfix «Öko» versieht. Sehen wir näher zu.
- Keine Entkoppelung
Die «Entkoppelungsthese» hält keiner näheren empirischen Überprüfung stand. Erneuerbare Energien sind nicht unerschöpflich, haben ein begrenztes Potenzial und werden aufgrund der geringeren Energiedichte nie die noch vorhandenen fossilen Quellen ersetzen können. Effizienzsteigerungen unterliegen dem Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachses; d.h. die Effizienzgewinne vergangener Jahrzehnte sind nicht einfach in die Zukunft hinein zu extrapolieren.[…] - Der Markt kann es nicht
«Der Klimawandel ist eine Menschheitsaufgabe, und uns fällt nichts anderes ein als Marktlösungen.» In diesem Satz Elmar Altvaters schwingt Resignation und Verzweiflung mit. Eine «intelligente Ausnutzung der Marktgesetze» gilt als der Königsweg des ökologischen Umbaus. Fridays for Future sind dieser allgemeinen Stimmung ebenso aufgesessen wie das renommierte Potsdam Institut. Man könnte eine Reihe von Gründen dafür anführen, warum dessen Instrumente, insbesondere die CO2-Steuer, letztlich wirkungslos bleiben müssen. […] - Keynes auch nicht
Der GND knüpft bewusst an Franklin Roosevelts Versuch an, die Systemkrise in keynesianischer Manier zu bewältigen. Unabhängig von der historischen Bewertung gilt: Eine solche Strategie funktioniert, wenn überhaupt, nur, wenn es brachliegende Wachstumspotenziale zu aktivieren gibt. Aus rein stofflichen, ökologischen Gründen ist uns dieser Weg aber versperrt. Alle politischen Programme, die unter dem Schlagwort «Ökokeynesianismus» aufgelegt werden, müssen sich die Frage nach dem «materiellen Reboundeffekt» gefallen lassen.[…] - https://www.sozonline.de/2020/01/die-ideologie-des-green-new-deal [BrunoKern]
TEXT D: Rezension aus der „Freiheitsliebe“ vom 19.September 2019 von Sergen Canoglu:
„Das neue Buch von Bruno Kern „Das Märchen vom Grünen Wachstum“ erweist sich als gut recherchiert und voll von einem breit gefüllten Fachwissen. Formen eines grünen Kapitalismus lehnt er mit guten sowie anschaulichen Argumenten ab und plädiert stattdessen für eine ökosozialistische Gesellschaft. Jedoch finden sich auch ein paar problematische Schlussfolgerungen, die sich vor allem am Ende des Werkes wiederfinden. […]
In seinem Buch wird schnell klar, dass er die kapitalistische Produktionsweise und die Konsumweise des globalen Nordens als die zentralen Problematiken des Klimawandels feststellt. Damit reiht Bruno Kern sich in die inhaltliche Tradition des im letzten Jahr erschienen Buches der ,,Imperialen Lebensweise“ von Ulrich Brand und Markus Wissen ein, auf die er in seinem Werk auch häufig verweist. Allerdings unterscheidet er sich zu den beiden genannten Autoren, indem er klarer den globalen Kapitalismus für die Klimazerstörung verantwortlich macht, sowie eine konkretere Alternative zum heutigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem formuliert: Den Ökosozialismus. Zentral sticht in seinem Buch seine These heraus, dass der Energie- und Ressourcenverbrauch auf der Welt (vor allem in den Industrienationen) deutlich zu hoch ist und keine Entkoppelung von Wachstum und Verbrauch möglich sei. Dadurch schließt er reformorientierte Ansätze eines Kapitalismus aus, da sie diesen hauptsächlichen Widerspruch nicht lösen können und viele Ideen von grünliberalen Parteien und Denkern nur eine Rekonstruktion dieses Wirtschaftswachstums anstreben würden.[…]“
https://diefreiheitsliebe.de/politik/bruno-kern-das-maerchen-vom-wachstum
TEXT E:
Schwerpunkt Green New Deal
Green New Deal in Deutschland und in den USA, von ak [Angela Klein]
New Deal weder neu noch grün, von Bruno Kern
Diskussion zum Green New Deal in den USA, von Angela Klein
Für ökosozialistischen Green New Deal, von Howie Hawkins
Klima & Ökologie
Freispruch für Klima-Aktive, von Hanno Raussendorf
Bauer kann Klimaschutz, Gespräch mit Elisabeth Fresen
Lichtverschmutzung. Mach dunkel!, von Rolf Euler
https://www.sozonline.de/2020/01/gruen-sticht-nicht Angela Klein [ zusätzlich eingefügt. R.E.]