Ratingagenturen – hilft eine „europäische“ gegen die Krisen?
Die EU erwägt die Gründung einer »europäischen«, von einer privaten Stiftung finanzierten Ratingagentur. Eine solche wäre aber nicht Lösung, sondern selbst Teil des Problems.
Von Werner Rügemer, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac.
Die drei großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch bewerten EU-Hilfen für überschuldete Staaten als Zeichen für schwindende Zahlungsfähigkeit und setzen die Bonität dieser Staaten weiter herunter. Deshalb müssen gerade diese Länder für neue Kredite noch höhere Zinsen als bisher zahlen und verschlimmern damit ihre Verschuldung. Angesichts dieser Situation kommen in der EU schon mal linksradikale Töne auf. So forderte EU-Kommissarin Viviane Reding die »Zerschlagung der amerikanischen Ratingagenturen«. Allerdings fiel der Beschluß des Europäischen Parlaments vom 8. Juni 2011 zum Thema Ratingagenturen dann doch recht zahm aus: Die Europäische Kommission soll die Einrichtung einer privaten Stiftung prüfen, die eine europäische Ratingagentur betreibt.1 Kann diese eine Alternative zu den »amerikanischen« Agenturen sein?
Die drei großen Agenturen waren Mitverursacher des flächendeckenden Bankenbankrotts 2007/2008 (»Finanzkrise«), denn sie haben dem Spekulationsschrott der US-Hypothekenderivate bis zuletzt Bestnoten gegeben, ebenso der Pleitebank Lehman Brothers. Bereits 1995–2001 waren sie mitverantwortlich für das Entstehen und den späteren Zusammenbruch der »dotcom-Blase« gewesen. Dabei spielte der Bankrott des bis dahin größten US-Energiekonzerns Enron Mitte 2001 eine besondere Rolle, weil dessen Aufstieg und Einfluß aufs engste mit der Politik von US-Präsident George W. Bush verbunden waren – auch in diesem Fall hatten die großen drei Agenturen mit ihren Bestnoten bis zuletzt die Spekulation angeheizt.
Die EU ergriff hierzu keine eigene Initiative, sondern schloß sich der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC (Security and Exchange Commission) an, die die »großen drei« seit Jahrzehnten lizensiert. Die SEC beschloß einen Code of Conduct (Verhaltenskodex). Diesem zufolge sollen die Agenturen die Qualität und die Integrität des Beurteilungsverfahrens gewährleisten, unabhängig von politischen und ökonomischen Interessen sein, Interessenkonflikte vermeiden, Transparenz praktizieren – und was dergleichen unverbindlich-moralisierende Absichtserklärungen mehr sind. Beim G-8-Treffen 2003 in Evian unterstützte die EU diese freundlichen Aufforderungen2, bekanntlich ohne Erfolg.
Wächter des Finanzsystems
Ende 2003 ging der global tätige italienische Nahrungsmittelkonzern Parmalat in Insolvenz. Wie bei Enron hatte der Vorstand im großen Stil über Briefkastenfirmen auf den Cayman Islands Aufträge und Verkäufe erfunden, die Bilanzen gefälscht und Milliardenbeträge veruntreut. Die »großen drei« hatten auch hier bis zuletzt Bestnoten verteilt. Mit kritischem Hinweis auf die Agenturen forderte das Europäische Parlament 2004 eine verbesserte Unternehmensführung und eine verbesserte Finanzaufsicht – abermals ohne Erfolg.
Die EU-Staaten stimmten seit den 90er Jahren den Abkommen »Basel I« und »Basel II« zu. Basel ist der Sitz der Bank of International Settlements (BIS), der Zentralbank der Zentralbanken. In den Abkommen wurden auf Druck der internationalen Finanzlobby die Ratingagenturen als Wächter des globalen Finanzsystems etabliert; sie geben die Standards für das Eigenkapital der Banken sowie für zulässige und nichtzulässige Geldanlagen der Investmentfonds vor.
2007 übernahm auch die Europäische Zentralbank (EZB) diese Ratings in ihr Regelwerk. Neben den bekannten »großen drei«, die 97 Prozent des Ratingmarkts beherrschen, wurde auch die kleine kanadische Agentur Dominion Bond Rating Services (DBRS) zugelassen, spielt aber praktisch keine Rolle. 2010 schließlich unterwarf die EU auch den neu gegründeten Fonds zur Staatenrettung EFSF (Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität) diesen Autoritäten.
Die zu gründende »europäische« Ratingagentur soll nun die Alternative zu den drei marktbeherrschenden »amerikanischen« Ratingagenturen sein. Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, Bundeskanzlerin Merkel, EU-Präsident Barroso und linke Ökonomen reden immer von »amerikanischen« Agenturen. Doch wie »amerikanisch« sind diese?
Entgegen dem klischeehaften Gerede gibt es bereits eine »europäische« Ratingagentur. Fitch gehört nämlich zu 60 Prozent der französischen Finanzholding Fimalac. Sie ist an der Pariser Börse notiert. Fimalac erwarb 1997 die von der US-Börsenaufsicht lizensierte Agentur und mischt seitdem im Dreieroligopol mit.
In der Holding Fimalac werden vor allem Anteile an Konzernen mit Sitz in Frankreich gehalten: L’Oreal (Luxusgüter), Casino Guichard Perrachon (Supermarktkette), der TV-Sender Canal Plus, Renault. Haupteigentümer von Fimalac ist Marc Ladreit de Lacharrière. Er ist auch Chef der Stiftung der L’Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, die wiederum zu den begünstigten Sponsoren des gegenwärtigen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy gehört. Als Mitglied des Beirats der französischen Zentralbank ist Lacharrière auch direkt mit dem französischen Staat verbunden. Daß Lacharrière zur französischen Macht-, Finanz- und Medienelite gehört, zeigte sich auch in seiner mehrjährigen Funktion als Vorsitzender der französischen Bilderberg-Sektion. Die Fitch-Managerin Véronique Morali ist Mitglied der Regierungskommission, die sich mit den Staatsanleihen Frankreichs befaßt. Trotzdem kann man Fitch nicht einfach als »französisch« bezeichnen. Das liegt nicht nur daran, daß die restlichen 40 Prozent an Fitch dem internationalen Medienkonzern Hearst gehören. Auch unterscheiden sich die Ratings von Fitch kaum von denen der anderen beiden großen Agenturen, Standard & Poor’s und Moody’s. Fitch behindert wie sie die Maßnahmen der EU zur »Rettung« Griechenlands. Auch Sarkozy, der dem Fimalac-Milieu nahesteht, vertritt bekanntlich nicht die Interessen Frankreichs, sondern vor allem die seiner global agierenden Bank-, Medien- und Unternehmerfreunde. Deren Ziele und Strategien sind wiederum mit ihresgleichen aus anderen Staaten wie den USA verflochten. So berät Véronique Morali nicht nur die französische Regierung, sondern ist gleichzeitig Mitglied in den Aufsichtsräten der Bank Rothschild und von Coca-Cola in Atlanta/USA.
Internationale Verflechtung
Darüber hinaus sind europäische Finanzakteure mit den beiden anderen Ratingagenturen verknüpft: So hält der »deutsche« Versicherungskonzern Allianz Anteile an Standard & Poor’s.3 Dessen weiterer Miteigentümer Blackrock, der größte Vermögensverwalter der kapitalistischen Welt, ist zugleich größter Miteigentümer der Deutschen Bank und der Deutschen Börse und besitzt Aktien aller 30 deutschen DAX-Konzerne. Die Allianz (v.a. über ihr Tochterunternehmen PIMCO) ist einer der bedeutenden Käufer von Staatsanleihen. »Amerikanisch«, »französisch« und »europäisch« sind für die Topetage der globalisierten Finanzwelt ungeeignete Begriffe – eigentlich ist das eine Banalität.
Trotzdem reden auch linke Ökonomen, die wenig Ahnung von den wirklichen Verhältnissen des gegenwärtigen Kapitalismus haben und sich auf dem Argumentationsniveau des Schwätzers Peer Steinbrück (»Amerika ist schuld an der Krise«) bewegen, von den »drei US-amerikanischen Agenturen«: Sie seien wie »Don Corleone aus New York«. Deshalb erscheint aus einer solchen Oberflächensicht dann ein »europäisches Pendant« als Alternative.4
Gezieltes Zocken
Die »großen drei« agieren im Interesse ihrer Eigentümer. Das sind bei Standard & Poor’s und Moody’s mit u.a. Blackrock, Fidelity Investments, Capital World Investors, Morgan Stanley und Allianz die größten Vermögensverwalter der Welt. Sie sind auch die größten Käufer von Staatsanleihen. Diese Käufer haben gegenüber Staaten folgende Interessen: 1. Die Staaten sollen möglichst viele Schulden machen, 2. sie sollen möglichst hohe Zinsen zahlen, 3. sie sollen das möglichst lange tun, und 4. soll dabei die Rückzahlung von Zins und Tilgung absolut sicher sein.
In diesem Sinne machen die Agenturen eine gezielte Politik. Es gäbe reihenweise Staaten, reiche wie arme, die höher verschuldet sind als Griechenland, Portugal, Irland und Italien. Aber für die Agenturen und ihre Eigentümer liegt gegenwärtig der besondere Reiz der EU-Mitgliedsstaaten darin, daß sie ja von der EU »gerettet« werden sollen/können. Hier lohnt es sich deshalb, durch Herabstufung der Bonität die Zinsen und damit den Preis in die Höhe zu treiben. Bei einem gleich hoch oder noch höher als Griechenland verschuldeten Entwicklungsland gibt es diese Aussichten nicht, weil es von niemandem »gerettet« wird.
Zur dieser Strategie gehört der schnelle Wechsel von guter Bewertung zu Ramschstatus. So bekam Irlands Staatshaushalt noch 2009 das Spitzenrating von AAA, während die von den irischen Banken organisierte Immobilienblase schon anfing zu platzen. Ein Jahr später, als Irland unter den EU-Rettungsschirm geschoben wurde, senkten die Agenturen den Daumen.
Des weiteren verkünden die Agenturen ihre sinkenden Bewertungen für Griechenland etc. gezielt zu solchen Zeitpunkten, in denen die Regierungen gerade wieder ein noch schärferes »Sparprogramm« beschlossen oder angekündigt haben. »Reicht nicht!« tönt es seitens der »großen drei«, die wie die großen Ölkonzerne mit knapper Verzögerung von einigen Tagen ihre gleichlautenden Entscheidungen fällen. Dabei heißt »Rettung« natürlich nur die Rettung der Anleihekäufer und Kreditgeber. Ob dabei ganze Bevölkerungen verarmen, Volkswirtschaften zerstört, und diktatorische Regimes errichtet werden, ist den Ratingagenturen und ihren Eigentümern bekanntlich egal.
Auch die Absicht der EU, die Anleihekäufer und Banken an der »Rettung« zu beteiligen, indem diese (angeblich) auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, gilt für die Agenturen als Grund, um den betreffenden Staat weiter herabzustufen. Deshalb hat Brüssel beschlossen, die Ratings dann nicht zu beachten, wenn aus EU-Töpfen wie im Falle Griechenland, Portugal und Irland bereits öffentliche Hilfen gezahlt werden. Deshalb kauft die EZB (begrenzt) weiter Anleihen dieser Staaten zu besseren Bedingungen bzw. gewährt die EU günstigere Kredite als an den »Finanzmärkten« erhältlich. Für alle anderen Staaten akzeptiert die EU aber nach wie vor das Urteil der Agenturen.
Einige linke Ökonomen meinen, die schnellen Wechsel der Ratings seien »wirr«.5 Das trifft nicht zu, vielmehr stellen sie gezielte Interventionen dar: Griechenland, Irland usw. bekommen so lange gute Noten, bis sie möglichst viele Schulden gemacht haben, und dann wird plötzlich auf eine schlechte Note umgeschaltet, um die Zinsen hochzutreiben und die Rückzahlung zu erzwingen. Die moralisierende Bezeichnung als »wirr« mündet dann in das Argument, die Agenturen könnten »entschuldigt« werden, da man die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Staates ja tatsächlich nicht voraussehen könne. So hilflos und systemkompatibel kann linke Kritik enden.
Keine Alternative
Nach der »Finanzkrise« richtete die EU 2010 die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ein. Diese soll seit dem 1. Juni 2011 auch die Ratingagenturen registrieren, überwachen und die bisherigen neu lizensieren. Die Agenturen sollen Interessenkonflikte vermeiden, ihre Entscheidungen transparent machen und für ihre Bewertungen haften. Wenn sie dies nicht tun, kann die ESMA Geldstrafen verhängen.6 Es ist bisher nicht bekanntgeworden, daß die ESMA in diesem Sinne gegen eine der Agenturen vorgegangen wäre, obwohl doch zahlreiche Gründe dafür vorliegen. Im übrigen ist es schleierhaft, wie die »Drei Großen« Interessenkonflikte vermeiden sollen, wenn Blackrock, Allianz & Konsorten weiterhin deren Eigentümer bleiben.
Das Europäische Parlament und der Europäische Rat wollen laut ihrem Beschluß vom 8. Juni 2011 »mehr Wettbewerb« in das Ratinggeschäft bringen und das Oligopol der »großen drei« aufbrechen. Dabei wurde allerdings der Antrag der Linken abgelehnt, daß die Europäische Agentur eine öffentliche Einrichtung sein soll. Vielmehr soll eine »unabhängige Stiftung« gegründet werden. Die Europäische Kommission erhielt den Auftrag, dafür eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Die Stiftung, deren Strukturen offen gelassen werden, soll nur eine kurze öffentliche Anschubfinanzierung erhalten, um die Unabhängigkeit der Agentur gegenüber staatlichen und politischen Eingriffen zu gewährleisten. Mit privater Finanzierung wird dagegen trotz aller bisherigen Erfahrungen die Unabhängigkeit als sicher angesehen!
Die EU legt auch keine anderen Bewertungskriterien fest. Alternative bzw. ergänzende Kriterien könnten z.B. sein: Fähigkeit des Staates zur Bestrafung leichtfertiger und korrupter Schuldenmacher und leichtfertiger Kreditgeber; Fähigkeit des Staates zum Eintreiben ausreichender Steuern und zur Bekämpfung von Kapital- und Steuerflucht; Ausbau der Demokratie; gute Arbeitsverhältnisse. Doch davon ist keine Rede. Vielmehr bleiben auch für die EU-Stiftung die Sicherheit der Investoren und die vollständige Rückzahlung der Kredite das oberste Kriterium, unabhängig davon, wie die Kredite zustande kamen und welche sozialen, wirtschaftlichen und politischen Folgen dies hat. Eine solche europäische Ratingagentur wäre also keine Alternative, sondern nur eine neue Agentur nach dem bisherigen Schema, nur mit dem Aufkleber »europäisch«. Lediglich EU-Hilfen an Staaten könnten anders gewertet werden.
Seit einem Jahr bastelt die Unternehmensberatung Roland Berger an der privat finanzierten europäischen Ratingagentur. 300 Millionen Euro will Berger dafür bei 25 Investoren einsammeln. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier hat Zustimmung signalisiert, ebenso Steven Maijoor, Chef der neuen EU-Finanzaufsicht ESMA. Die von Deutsche-Bank-Chef Ackermann geführte globale Finanzlobby IIF (Institute of International Finance) und auch der Deutsche Bankenverband sind allerdings »skeptisch«, sie sind mit den »amerikanischen« Agenturen hochzufrieden.
Routineschrott
Wenn EU-Parlament, Europäischer Rat und die europäischen Finanzminister es ernst meinten, dann bestünde der erste Schritt darin, die »großen drei« aus dem Regelwerk der Europäischen Zentralbank (EZB), des Europäischen Rettungsschirms und aus allen weiteren einschlägigen Regelwerken herauszunehmen. Doch da tut sich gar nichts.
Die Ratingagenturen sind zur Beurteilung von Unternehmens- und Staatskrediten sowohl völlig unnötig wie auch völlig unqualifiziert. Die Banken, Versicherungen, Vermögensfonds und andere Kreditgeber und Anleihekäufer machen sowieso ihre eigenen Bewertungen, bevor sie Kredite vergeben und Staatsanleihen kaufen. Oder glaubt jemand, daß die Deutsche Bank sich auf die Bewertung einer Ratingagentur verläßt, wenn sie an Porsche zum Kauf von Volkswagen Kredite vergibt? Oder daß der größte Anleihekäufer der Welt, die Allianz-Tochter PIMCO, sich auf die Bewertung einer Ratingagentur verläßt, bevor sie griechische oder US-amerikanische Staatsanleihen kauft? Deutsche Bank und Allianz/PIMCO kennen aus langjährigen Kredit- und Anleihebeziehungen sehr viel mehr Interna über die Kunden als jede Ratingagentur. So trennte sich PIMCO von US-Staatsanleihen, lange bevor die Agenturen kürzlich eine mögliche Herabstufung der Vereinigten Staaten androhten.
Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch sind vergleichsweise kleine Unternehmen. Sie machten im Jahr 2010 zusammengerechnet lediglich einen Umsatz von etwa fünf Milliarden US-Dollar. Darin sind neben den Ratings auch die vielfachen Serviceleistungen für Finanzakteure, Börsen u.ä. enthalten (Risikomanagement, Marktanalysen, Fortbildung, Indexe…). Sie verkauften im Jahre 2010 insgesamt etwa 2,9 Millionen Ratings. Zusammengerechnet beschäftigen die »großen drei« 3500 Analytiker. Im Durchschnitt hat somit ein Angestellter in einem Jahr 828 Ratings erstellt, also etwa vier pro Arbeitstag. Die Qualität kann man erahnen.
Die Ratings sind nichts anderes als für hochprofessionell ausgegebener Routineschrott, der vom gefälschten, staatlich gestützten Image der Unabhängigkeit und Objektivität lebt. Der Einfluß beruht allein auf zwei Faktoren:
1. Die Agenturen sind der verlängerte Arm ihrer Eigentümer, also der größten Kreditgeber und Anleihekäufer, die an möglichst hoher und langfristiger Verschuldung der privaten und öffentlichen Akteure und an möglichst hohen und sicher gezahlten Zinsen interessiert sind;
2. Die Regierungen, Gesetzgeber, Zentralbanken und Finanzaufsichten haben die Ratings in ihre Regelwerke aufgenommen.
Die Banken, Versicherungen und großen Vermögensverwalter wissen besser, wie es um ihre Kunden steht. Aber mit Hilfe der Agenturen und deren staatlichen Hoheitsfunktionen können sie die Bedingungen der Kreditvergabe und des Anleihekaufs noch besser zu ihren Gunsten steuern, als sie dies ohne sie könnten.
So nützt es nichts, endlos an den bisherigen Ratingstrukturen herumzudoktern und auf ein nur leicht modifiziertes Duplikat den Aufkleber »europäisch« draufzupappen. Die Lösung muß lauten: Keine private europäische Ratingagentur, sondern Ausstieg aus dem Geschäftsmodell!
Erschienen am 26.07.2011 in „Junge Welt“.
Anmerkungen
1 Europäisches Parlament, Pressemitteilung 8.6.2011 »Strengere Regeln für Ratingagenturen«
2 G-8-Erklärung 2003 »Fostering Growth and Promoting a Responsible Market Economy«
3 Ausführlich zu den Eigentümern der drei großen Ratingagenturen s. Werner Rügemer: »Zutiefst korruptes System«, junge Welt 11. und 12. 10. 2010
4 Rudolf Hickel: »Rating-Agenturen: Don Corleone aus New York«, The European 4.7.2011
5 Elmar Altvater: »Neoliberale Kurpfuscher wüten weiter«, Wochenzeitung 14.7.2011
6 EU: Verordnung 513/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2011
7 »Luftschloß aus Brüssel«, Der Spiegel 28/2011, S. 72