Wasser: Gemeingut oder Geschäft?

Attac stellt vor: die Kampagne „PPP-Irrweg“ ///  Oder: Gemeingut in BürgerInnenhand!
Wasser in privater Hand untergräbt die Demokratie
17. 02. 2011

„Geheimhaltung ist das skandalöseste Merkmal aller PPP Projekte – vor allem aber das undemokratischste“ liest man auf der Webseite www.ppp-irrweg.de.
Was verbirgt sich aber hinter dieser geheimnisvollen Abkürzung? PPP, das ist ein Kürzel für „Public Private Partnership“, oder zu Deutsch „Öffentlich Private Partnerschaft“. Das ist ein Finanzierungsmodell, auf das Kommunen zurückgreifen, wenn die Eigenmittel knapp werden, aber öffentliche Aufgaben finanziert werden müssen.

Im kommunalen Bereich betrifft das gerne die Wasserversorgung und diverse öffentliche Infrastrukturen sowie die Finanzierung von öffentlichen Gebäuden.

Der scheinbare Nutzen liegt auf der Hand. Die schwächelnden Kommunen können den Betrieb ihrer Infrastrukturen aufrecht erhalten, private Investoren finden neue „Märkte“ mit sicheren Renditen. So wird der Privatwirtschaft die Möglichkeit geboten, mit der kommunalen Infrastruktur, dem Gemeingut, Geld zu verdienen.

Dass dabei öffentliche Gelder mit einfließen und damit Steuergelder mithelfen, privaten Unternehmen sicheren Profit zu ermöglichen, ist den Bürgern kaum bewusst. Schließlich erscheinen PPP-Modelle für Außenstehende zumeist undurchsichtig und schwer nachvollziehbar.

Für Aufregung sorgte ein solches Modell in Berlin, welches seine Wasserversorgung in PPP-Hände legte. 1999 hat der Berliner Senat die Wasserversorgung zu 49,9 Prozent an zwei private Versorgungsunternehmen verkauft: RWE Aqua und Veolia. Diese beiden Unternehmen hatten für die teure Sanierung und Instandhaltung der Rohrleitungen und die Gebäude der Berliner Wasserversorgung zu sorgen. Doch ein privates Unternehmen lässt sich auf einen solchen Handel nur ein, wenn es daraus auch Nutzen zieht. Wo also könnte der Nutzen höher liegen, wenn man dort investiert, wo auch sichere Einnahmen zu erwarten sind. Beispiel: Jeder Bürger benötigt täglich Wasser in irgendeiner Form. Der tägliche Wasserverbrauch einer Stadt lässt sich errechnen. Ein sicheres Geschäft also, wenn man als Privatpartner eines solchen Modells die Preise für die bezogene Leistung mitbestimmt und Langzeitverträge schließt. Zwischen 2001 und 2009 stieg der Preis für den Kubikmeter Wasser in Berlin um 34,9 Prozent. Mehrkosten der Instandhaltung wurden einfach an den Verbraucher weitergegeben und fallen nicht mehr zu Lasten der öffentlichen Hand.

ATTAC kritisiert nicht nur die Undurchsichtigkeit solcher Verträge, sondern auch die zu erwartenden Folgekosten gegen Ende dieser Vertragslaufzeiten, da private Betreiber auf Renditen achten und Investitionen zur Instandhaltung gegenüber zurückhaltend sind.

Kennzeichen von solchen PPP-Modellen sind: Baufirmen treten immer mit Banken gemeinsam auf, die Verträge laufen 30 Jahre und bieten damit langfristige Renditen, die über öffentliche Stellen gesichert sind. Damit investieren Private in einen Markt, der ihnen Sicherheit ermöglicht, die es sonst nicht auf den üblichen Finanzmärkten gibt, so der PPP-Kritiker und Publizist Werner Rügemer.

Die PPP-Verträge können nur von Juristen erstellt werden, zeichnen sich selbst durch enorme Umfänge und schwer verständliches Juristendeutsch aus, und werden als „Geheim“ deklariert, was ausschließlich den privaten Partnern dient – Stichwort: „Betriebsgeheimnis“. Die wahren Profiteure solcher PPP-Modelle sind also die dazugehörenden Berater, die Juristen, welche diese Verträge aufsetzen und die privaten „Investoren“. Die Verträge, welche Infrastrukturen mit öffentlichem Auftrag regeln sollen, werden somit an der Öffentlichkeit vorbei kommuniziert, die Bürger entmündigt.

Derartige Modelle untergraben die Demokratie. Denn auch den Abgeordneten werden zur Abstimmung nicht die vollständigen PPP-Verträge vorgelegt. Politische Entscheider wissen also nicht vollständig über das Bescheid, worüber sie abzustimmen haben – eine gängige Methode, die bei zahlreichen kommunalen Projekten scheinbar Einzug gehalten hat. Die EU unterstützt mittels Lissabon-Abkommen solche PPP-Modelle, ATTAC sieht darin einen „globalen Angriff der Privatwirtschaft auf die öffentliche Daseinsvorsorge“ und in diesen PPP-Modellen einen „Raub an Gemeingut“.

Damit solche PPP-Modelle den Kommunen schmackhaft gemacht werden, bedient man sich in Deutschland der ÖPP Deutschland AG. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Berlin und wurde 2008 von der deutschen Bundesregierung mit rund 10,7 Millionen Euro Steuergeldern unterstützt. In Österreich wirbt der Gemeinde- und Städtebund für PPP-Modelle, indem interne Weiterbildungsangebote mit entsprechenden Inhalten seit 2011 angeboten werden. Die Namen der Referenten dieser Angebote sind auch an maßgeblicher Position der Wirtschaftsuniversität Wien zu finden. Solange PPP-Modelle von wirtschaftswissenschaftlicher und politischer Seite „abgesegnet“ sind, wird man als Bürger wohl jenen Weg beschreiten müssen, den die Berliner gegangen sind. Denn der Berliner Volksentscheid zur Offenlegung der Verträge scheint auch den bundesweiten Widerstand gegen PPP-Modelle zu stärken, von denen es rund 200 mit einem monetären Umfang von 27 Milliarden Euro gibt.

Quellen:

http://www.ppp-irrweg.de/

http://ppp-irrweg.de/index.php?id=7090

http://www.attac.de/aktuell/neuigkeiten/detailansicht/datum/2011/02/15/berliner-volksentscheid-staerkt-bundesweiten-widerstand-gegen-ppp-1/?no_cache=1

www.gemeingut.org

http://www.attacberlin.de/index.php?id=argumente